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Muehlhan: Räumungsverkauf

Die Muehlhan AG (DE000A0KD0F7) veröffentlichte am 24. September 2022 die Nachricht, dass sie plane, den Großteil ihrer operativen Tochtergesellschaften an einen Private-Equity Investor, OEP, zu veräußern. Dieser Post versucht sich unter Verwendung der aktuell zur Transaktion bekannten Informationen an einer Bewertung der Muehlhan AG.

Hinweis auf Interessenskonflikte: Der Autor besitzt zum Zeitpunkt der Veröffentlichung Aktien der Muehlhan AG.

Die Einladung zur Hauptversammlung beschreibt die Gründe für den Verkauf der Tochtergesellschaften. Der Großaktionär, die Familie Greverath, schien sich bereits seit längerer Zeit von ihrem Anteil an der Muehlhan AG (laut Einladung ca. 67%) trennen zu wollen. Nach Rücksprache mit Vorstand und Aufsichtsrat wurde entschieden, statt des Aktienpaketes der Familie lieber ganze Tochtergesellschaften zu veräußern.

Der Kaufpreis besteht aus einem fixen Betrag von 58,9 Millionen Euro sowie einem variablen Teil von täglich 12.000 Euro zwischen dem 01.01.2022 und dem Vollzugstag der Transaktion (wahrscheinlich der 31.12.2022). Der Verkaufspreis wird in einem ersten Schritt zur Begleichung einer Bankenfinanzierung in Höhe von ca. 28 Millionen Euro verwendet, welche den an die Muehlhan AG fließenden Betrag reduziert. Zusätzlich reduzieren nach dem 31.12.2021 erfolgte Ausschüttungen der verkauften Tochtergesellschaften den Kaufpreis, welche die Muehlhan AG erhält (sogenanntes leakage). Nach der Transaktion wird die Muehlhan AG mit großer Wahrscheinlichkeit komplett schuldenfrei sein.

Unter sonstige Kosten sind neben den Beratungskosten für die Transaktion die Betriebskosten der Muehlhan AG aufgeführt. Holdingkosten sind die Kosten für die Weiterführung des Geschäftsbetriebs der Muehlhan AG für die ersten zwei Jahre nach Verkauf. Viele der dafür notwendigen Dienstleistungen werden durch den Käufer der Tochtergesellschaften durchgeführt (bspw. Rechnungswesen und IT-Systeme). Die entstehenden Kosten sind im Anhang des Kauf- und Übertragungsvertrag (APA) aufgelistet und beschrieben.

Beratungskosten wurden mit 4,9 Millionen Euro angesetzt. Sie ergeben sich aus der Veröffentlichung der 2022er Q3 Zahlen, welche positive Sondereffekte in Höhe von 1,3 Millionen Euro erwähnt. Diese setze sich aus einer Earn-out Komponente (6,2 Millionen Euro laut Halbjahresbericht 2022) und den Transaktionskosten des Verkaufs der Tochtergesellschaften zusammen. Die Differenz zwischen Earn-out und Sondereffekt sind die Transaktionskosten.

Der dargestellte Ansatz ist stark vereinfachend und lässt mit großer Wahrscheinlichkeit wesentliche Kosten unberücksichtigt und überschätzt gleichzeitig den Wert einiger Vermögensgegenstände (insbesondere der Forderungen). Zur Berücksichtigung von möglichen Ausfällen wurden die Forderungen nur mit 50% ihres bilanzierten Wertes angesetzt. Der Wert für die Forderungen gegenüber Kunden ist dem Verkaufsvertrag mit OEP entnommen.  

Bereits existierenden Sum-of-the-Parts Analysen, welche hier und hier zu finden sind, verwenden andere Annahmen und kommen dementsprechend zu anderen Ergebnissen. Daher kann diese Berechnung nur als Startpunkt einer Diskussion und weitergehender Analysen anzusehen sein.

Aktienanzahl 19.500.000
Eigene Aktien 115.033
Ausstehende Aktien 19.384.967
Aktienkurs 2,68
Marktkapitalisierung 51.564.012,22

Die folgenden zwei Punkte besitzen meiner Meinung nach bei der Bewertung eine besondere Bedeutung und sind daher näher zu betrachten.

1. Verbleibende Tochtergesellschaften 

Die Tochtergesellschaften in Russland, Indien, Kanada, auf den Bahamas und im Mittleren Osten sind nicht vom Verkauf an OEP erfasst und verbleiben bei der Muehlhan AG. Die russische Gesellschaft ist laut Eigenaussage im Konzernabschluss (S. 82) nicht wesentlich, ebenso die Tochtergesellschaften in Indien, Kanada, Saudi Arabien und den Bahamas (S. 46). Die verbleibenden Gesellschaften in Katar, den Vereinigten Arabischen Emiraten und dem Oman scheinen jedoch einen Geschäftsbetrieb zu besitzen und damit nicht komplett wertlos zu sein. Es erscheint nicht unwahrscheinlich, dass die verbleibenden Gesellschaften ebenfalls zeitnah verkauft werden sollen. 

2. Forderungen aus fertigen Leistungen

Laut Anhang des Konzernabschlusses (S. 63) bestehen zum 31.12.2021 insgesamt 44,9 Millionen Euro Forderungen aus fertigen Leistungen. Diese sind in der Regel innerhalb von 30 Tagen fällig, wobei die Fälligkeit in Ausnahmefällen aber auch bei bis zu einem Jahr liegen kann. Die Forderungen, welche größtenteils dem Geschäft im Nahen Osten entstammen, haben selbst mit einer Wertberichtigung von 50% noch einen Wert von etwas über einen Euro pro Aktie.

Da es sich bei der Muehlhan AG um eine Holding handelt, sind die steuerlichen Belastungen durch die Transaktion auf Ebene der Gesellschaft erst einmal zu vernachlässigen. Zudem stehen die Anteile an verbundenen Unternehmen mit 55.6 Millionen Euro in der Bilanz des Einzelabschlusses 2021 der Muehlhan AG, was den Effekt des Verkaufes auf die Gewinn- und Verlustrechnung und damit die steurliche Bedeutung weiter reduziert. 

Unabhängig von der steuerlichen Belastung hat die Gesellschaft bereits Pläne über die Mittelzuflüsse getroffen. So beschreibt die Ad-hoc, dass

“Vorstand und Aufsichtsrat beabsichtigen, den nach Rückführung von Finanzverbindlichkeiten verbleibenden Teil des der Gesellschaft zugeflossenen Kaufpreises, sobald und soweit gesetzlich zulässig, an die Aktionäre auszuschütten.”