Regionalbanken der Crédit Agricole: Chance oder ewige Value Trap?
Durch einen Podcast bin ich auf die Certificat coopératif d’investissement (CCI) der Credit Agricole Regionalbanken gestoßen. Da ich ein Fan von “Vintage-Wertpapieren” bin, habe ich mir diese angeguckt. Weitere Informationen zu diesen gibt es hier oder hier. Diese Posts aus dem Jahr 2016 zeigen aber gleichzeitig, dass der Value Investing Case für diese Wertpapiere schon länger bekannt ist und sich (bis auf eine Dividendenrendite von jährlich ca. 5%) bisher nicht materialisiert hat.
Um mich den Wertpapieren etwas zu nähern habe ich mittels Datawrapper ein paar Informationen aufbereitet.
Insgesamt haben noch 13 Regionalbanken CCIs ausstehen. Drei Regionalbanken haben ihre im Laufe der Jahre zurückgekauft (die letzten kurz nach der Finanzkrise 2008/09). Innerhalb Frankreichs sind sie bunt verteilt mit Schwerpunkt im Norden, Süden und der Bretagne.
Das besondere an den Regionalbanken ist ihre Kapitalstruktur. Größtenteils sind sie in genossenschaftlicher Hand (Parts Sociales), teilweise in der Hand anderer Regionalbanken der Credit Agricole als Kreuzbeteiligung (überwiegend per Certificats coopératifs d’associés oder CCA). Diese sind sehr ähnlich zu den CCI, so sind beispielsweise beide ohne Stimmrecht, sind allerdings nicht an der Börse in Paris gelistet und können nur von Instituten der Credit Agricole Gruppe gehalten werden.
Das Auffällige an den Regionalbanken ist, dass sie alle weit unter dem Buchwert des Eigenkapitals (oder des harten Kernkapitals) handeln und gleichzeitig (in Relation zu vergleichbaren Banken) stark überkapitalisiert sind. Letzteres wird durch eine hohe CET1 Ratio deutlich, welche das hart Kernkapital in Relation zu den risikogewichteten Vermögenswerten setzt. Zudem liegt die Ausschüttungsrendite bei jeweils ca. 5% und die CCIs handeln zum ca. 6-fachen des Gewinns (P/E). Zu letzterer Kennzahl sei jedoch gesagt, dass eine höhere Ausschüttungsquote höchst unwahrscheinlich ist, dazu aber später mehr.
In ihrer Größe sind sie relativ ähnlich mit einem harten Kernkapital zwischen 1 und 5 Mrd. EUR. Die größte ist dabei die Regionalbank, welche die Region Paris abdeckt.
Die Kapitalstruktur unterscheidet sich in ihrer Höhe und Ausprägung etwas zwischen den 13 Instituten. SACAM ist hierbei eine Gesellschaft, welche jeweils ca. 25% aller Regionalbanken der Credit Agricole hält und ihrerseits zu 100% in der Hand aller Regionalbanken ist..
Aufgefallen ist mir hierbei die CRM der Region Paris (Caisse Régionale de Crédit Agricole Mutuel de Paris et d’Ile-de-France, Ticker: CAF). Diese unterscheidet sich von den anderen durch die Besonderheit, dass der 25% Anteil der SACAM, also der anderen Regionalbanken, nicht wie im Falle der anderen, per CCAs entsteht, sondern durch CCIs. Hierdurch ist der Free Float der CCIs bei der CAF unter allen Regionalbanken am geringsten.
Die CAF hat zudem ein aktives Aktienrückkaufprogramm zu welchem sie auf ihrer Website wöchentlich Informationen veröffentlicht. Da alle CCIs relativ illiquide sind, habe ich mir angeguckt, wieviel Prozent des Handelsvolumens Aktienrückkäufe der CAF darstellen. Im oben angesprochenen Podcast wurde erwähnt, dass einige Banken agressiv Aktien zurückkaufen, andere fast gar nicht Bei der CAF scheint es sich dabei um eine Bank zu handeln welche versucht, möglichst viele ihrer CCIs zu erwerben.
Für die nächste Grafik ist ein kurzer Blick in die Market Abuse Regulatio (MAR) der EUR hilfreich. Dort ist ein Limit für börsliche Aktienrückkäufe in Prozent des Handelsvolumens festgelegt. Unternehmen dürfen an einem Tag nicht mehr als 25% des durchschnittlichen Handelsvolumens der vergangenen 20 Handelstage erwerben. Durch die Illiquidität der CCIs macht das Aktienrückkäufe an der Börse meiner Meinung nach Aufwendig und Langwierig.
Die folgende Grafik zeigt, wie stark die CAF dieses Limit ausreizt. Sie zeigt, dass die CAF an vielen Tagen genau bis zur maximal möglichen Anzahl Aktien zurückkäuft (an einigen Tagen sogar deutlich mehr, dieses Phänomenen konnte ich mir aber bisher noch nicht erklären). In dunkelgrün ist der Anteil der Rückkäufe in Prozent des Tagesvolumens dargestellt. Hier ist erkenntlich, dass die CAF stets ein bedeutender Akteur in den eigenen CCIs ist, teilweise ist sie in mehr als 50% des Gesamtvolumens auf der Käuferseite aktiv. Gut erkenntlich ist eine Blackout Periode um die Veröffentlichung des Jahresabschlusses.
Für einen Vergleich die gleiche Grafik mit der Aktivität der Caisse Régionale de Crédit Agricole Mutuel Alpes Provence (CRAP). Auch diese ist ein starker Rückkäufer eigener CCIs, wenn auch ohne Blackout Periode.
Wichtig bei den beiden vorhergegangen Grafiken ist, dass es sich um relative Anteile handelt. Auf Grund der Illiquidität der Titel ist die Veränderung der Anzahl der CCIs in freier Hand relativ gering.
Ein aus meiner Sicht wichtiger Punkt für die hohe Kapitalisierung der Banken ist ein gesetzliches Limit für Ausschüttungen auf die Genossenschaftsanteile. Diese orientiert sich an den Renditen von Anleihen von Unternehmen und wird in Frankreich durch den Gesetzgeber bestimmt. Die Ausschüttung darf nicht höher sein als dieser Wert, ergänzt um 2 Prozentpunkte. Da die Ausschüttung in Prozent des Nominals der Parts Sociales erfolgt (bspw. haben bei der CAF alle Instrumente, CCI,CCA und Parts Sociales, ein Nominal von 4 EUR) ist sie relativ zum hohen Gewinn sehr gering.
Die folgende Grafik zeigt die Verwendung des Bilanzgewinnes der CAF im Laufe der Zeit. Auf dieser ist die Ausschüttung an die Genossenschaftler fast gar nicht mehr erkennbar. Die meisten Gewinne werden, da keine höhere Ausschüttung an die Genossen möglich ist, in die Reserven gesteckt.
Während die Ausschüttung für die Parts Sociales nach oben gedeckelt ist, gibt es für die CCIs und CCAs eine Untergrenze. Für diese habe ich noch keinen Hinweis in den Statuten finden können, sie liegt aber bei 30% des Gewinnes multipliziert mit dem Anteil, welche CCIs oder CCAs am Gesamtkapital haben. Dies wurde zuletzt in der EUREKA Transaktion 2016 bestätigt, bei welcher die Regionalbanken gemeinsam die CCAs von der Crédit Agricole SA erworben haben.
Zu dieser Transaktion gibt es auch einen Abschnitt im Podcast, bei Recherche hierzu war aber bereits bei Veröffentlichung des Podcasts erkennbar, dass das dort angesprochene Gerichtsverfahren zum Interesse der Regionalbanken und gegen den Interessen der CCI-Halter entschieden werden würde. Die endgültig Entscheidung hierzu wurde im Juni 2024 veröffentlicht.
Die letzte Grafik zeigt auch, dass die Höhe der Gewinne der CAF in den letzten 13 Jahren fast unverändert geblieben ist. Teilweise mag dies positiv gesehen werden, wie im Coronajahr 2020, für mich zeigt es aber auch, dass keine großen Wachstumschancen bestehen.
Insgesamt finde ich die CCIs interessant, sehe aber primär eine permanente Value Trap ohne Katalysator in den nächsten Jahren. Nach erster Recherche habe ich eine größere Beobachtungsposition in CCIs der CAF gekauft, bin aber relativ sicher, keine weiteren CCIs zu erwerben.
Zum Abschluss noch ein kurzer Blick auf die Entwicklung der Ausschüttung relativ zu den gegebenen Caps (der Parts Sociales) oder Floors (der CCIs/CCAs). Die Grafik zeigt, dass bis zum Jahr 2020 CCIs/CCAs eine höhere Ausschüttung erhielten als durch die oben beschriebene Formel notwendig. Gleichzeitig erhielten die Parts Sociales eine geringere Ausschüttung als gesetzlich zulässig wäre. Seit 2021 entsrepchen die Ausschüttungen genau der Erwartung, was ich (auch wenn es zunächst als nachteilig für CCIs ausgelegt werden könnte) als einen Schritt Richtung besserer Kapitalallokation für stimmberechtigte Genossen ansehe.
P.S.: Im Nachgang an die Veröffentlichung habe ich mir weitere Kennziffern im Zeitverlauf für CAF und CRAP grafisch aufbereitet.